Konditionelle Substanz – Energie bereitstellen

Die energetischen Leistungsanteile bestimmen massgeblich den muskulären Antrieb und sind Voraussetzung für das Erlernen und Ausführen von Bewegungsformen. Um in diesem Sinne den komplexen Rotationsbewegungen und erforderlichen Stabilisationskräften des Karatedo gerecht zu werden, braucht es ein karatespezi sches Verständnis der einzelnen konditionellen Fähig- keiten. Dies setzt einerseits einen grossen Erfahrungsschatz der Lehrenden voraus, es bedingt aber auch eine gute Bewegungsvorstellung der Lernenden. Das eigentliche Steuerungselement ist die Differenzierung. Sie ermöglicht, die konditionellen und koordinativen Fähigkeiten zu einer ausdrucksstarken Leistungsqualität zu verbinden. Im Karate ist jede Bewegung ein Zusammenspiel mehrerer Rotationsbewegungen, mit dem wir die Kraft als Einheit in den Zielpunkt (Kime) führen. Die angepasste energetische Dosierung (Differenzierung) wird durch das rhythmische Wechselspiel von Spannung und Entspannung entwickelt.

Konditionelle Substanz: Kraft

In reiner Form tritt die aktivierbare Muskelkraft als Maximalkraft in Erscheinung. Sie kommt sowohl bei statischer als auch bei dynamischer Arbeitsweise zum Ausdruck. Die relative Maximalkraft ist die Kraft im Verhältnis zur Körpermasse. Diese sollte unter dem Aspekt der funktionellen Anpassung entwickelt werden: Anatomisch sollte also möglichst nahe im Bewegungsbereich der Technik trainiert werden. Funktionelle Anpassung ist nicht gleichzusetzen mit dem technikorien- tierten Krafttraining, das eine feinere, noch mehr auf die Bewegungsausführung abgestimmte Trainingsform ist. Damit das Training eine Wirksamkeit im funktionalen Sinn erreicht, müssen komplexe Übungen gefunden werden, die dem karatespezi schen Krafteinsatz entsprechen (Kraftübertragung Beine – Rumpf – Arme). Eine wichtige Voraussetzung im Karate ist die Haltekraft als Zusammenwirken aller Körperteile. Wir benötigen sie, um Stabilität in der eigenen Bewegung zu erlangen und die Gegenkraft einer Aktion aufnehmen zu können.

Schlüsselbegriffe: Maximalkraft, relative Maximalkraft, funktionelle Anpassung, Haltekraft

Konditionelle Substanz: Schnelligkeit

Dabei handelt es sich um die koordinativ-energetische Fähigkeit, technische Aktionen in einem unter den gegebenen Bedingungen möglichst minimalen Zeitabschnitt ausführen zu können. Ihre bestimmenden Komponenten sind die Explosivkraft, welche die Wirksamkeit der Abwehr- und Angriffsaktionen mitbestimmt, und die Startkraft, die als Teil der Schnellkraft einen raschen Stellungs- oder Richtungswechsel ermöglicht. Mit reaktivem Training kann die Reaktionszeit der Muskulatur verbessert werden.

Schlüsselbegriffe: Explosivkraft, Startkraft, reaktives Training

Konditionelle Substanz: Ausdauer

Im umfassenden Sinn wird darunter die psycho-energetische Widerstandsfähigkeit gegen Er- müdung bei sportlicher Leistungsfähigkeit verstanden. Dauerleistungsvermögen heisst, dass das Gleichgewicht von Energiebereitstellung und -verbrauch über eine angestrebte Zeitspanne gewahrt werden kann (Grundlagenausdauer als Ergänzungstraining). Voraussetzung ist die Fähigkeit des Organismus, besonders aber der Muskulatur, Energie unter Verwendung von Sauerstoff bereit- zustellen. Da die spezielle Ausdauer des Kumite aber azyklisch, ohne kontinuierliche Aktivität ist und im anaeroben Bereich liegt, sollte sie im Techniktraining verbessert werden (Empfehlung: intermittierende Methode, intensive Belastungen im Wechsel mit kurzer, aktiver Erholung).

Schlüsselbegriffe: Grundlagenausdauer, intermittierende Methode

Konditionelle Substanz: Beweglichkeit

Die dynamisch-energetischen Bewegungsformen des Karatedo können ihre Ausführungswirksam- keit u.a. dank den Gelenken erreichen. So gesehen, hat die Stärkung der Sehnen, Bänder und Muskelansätze einen wichtigen funktionellen Stellenwert für die Entwicklung eines ökonomischen Krafteinsatzes. Wichtig ist somit auch die Beweglichkeit. Sie beschreibt die Fähigkeit, die verschie- denen Knochenverbindungen leicht und im vollen physiologischen Ausmass zu bewegen.

Schlüsselbegriffe: Gelenke, Sehnen, Bänder, Muskelansätze

Dank den koordinativen Fähigkeiten (Steuerung) können wir eine Bewegungsaufgabe durch öko- nomisches und zweckmässiges Verhalten zielgerichtet lösen. Kondition wird im Zusammenwirken mit technischen, koordinativen, taktischen und psychischen Fertigkeiten leistungswirksam. Die energetischen Anforderungen an Kata und Kumite sind unterschiedlich.