Koordinative Kompetenz – Bewegungen steuern

Die koordinative Befähigung ist das zentrale Thema der körperlichen Ausbildung. Durch die methodische Struktur des Dreistufenmodells (Erwerben, Anwenden, Gestalten) ergibt sich die Möglichkeit, vermehrt die sportartübergreifende Lernfähigkeit zu fördern. So geht es beim Ler- nen der Technik nicht mehr nur um die Vervollkommnung eines technischen Bewegungsablaufs, sondern um eine Verbesserung von Strategien zur Problemlösung. Erst wenn wir das richtige Be- wegungsgefühl erlangt haben, verfügen wir über ein ef zientes Steuervermögen, um technische Aufgaben immer ökonomischer lösen zu können.

Koordinative Kompetenz: Orientieren

Das Wort leitet sich vom lateinischen oriri («sich erheben») ab. Orientierung bedeutet ursprüng- lich, die Himmelsrichtung nach dem Sonnenaufgang festzulegen. In diesem Sinne ermöglicht die räumlich-zeitliche Orientierungsfähigkeit eine Standortbestimmung in Raum und Zeit. Sie befähigt uns, die räumlichen und zeitlichen Veränderungen zu berücksichtigen und in unser Bewegungs- verhalten zu integrieren. Im Rahmen der Koordinationskompetenz kommt ihr eine entscheidende Rolle zu: Nur wenn die Richtung, das Ziel oder die angestrebte Funktion bekannt sind, kann von geeigneten Voraussetzungen für ein harmonisches Zusammenspiel aller Leistungskomponenten ausgegangen werden.

Koordinative Kompetenz: Differenzieren

Differenzierung in einem Lernprozess bedeutet, eine Einheit in Teilbereiche aufzuteilen, um diese zu einem umfassenden Verständnis zusammenzufügen. Sensorisch differenzieren heisst, die über die Sinnesorgane wahrgenommenen Informationen mehreren Referenzwerten (Bewegungsvor- stellung) zuzuordnen. Dies ist Voraussetzung, um Bewegungen den Anforderungen entsprechend zu dosieren und zu realisieren. Differenzierung steht in enger Beziehung zur Orientierung: Die eine bedingt die andere, gemeinsam bestimmen sie das Gleichgewicht.

Koordinative Kompetenz: Gleichgewicht nden

Die gezielte Förderung des Gleichgewichts im Ungleichgewicht ist im Hinblick auf die koordinative Befähigung von grosser Bedeutung. Ausdrücke wie «das richtige Mass», «Harmonie», «Ausgeglichen- heit», «Ruhe» oder «Ökonomie» sind Beispiele für Eigenschaften oder Zustände, welche die Qualität des Bewegungsverhaltens im Karate beschreiben. Sie alle bezeichnen Formen des Gleichgewichts. Auf die technische Gestaltung bezogen, bedeutet dies, das Gleichgewicht während einer Handlung entweder zu bewahren oder es rasch wieder zu nden. Dieses dynamische Gleichgewicht ermöglicht uns die virtuose Gestaltung eines Kampfes oder einer Kata.

Koordinative Kompetenz: Reagieren

Das Wort Reaktion kommt vom lateinischen reagere, auf Deutsch «wieder handeln», «wieder treiben». Eine Handlung ist optimal, wenn sie in Harmonie mit dem Bewegungs uss erfolgt. Die Reaktionsfähigkeit ermöglicht, auf erkannte Signale, vor allem visuelle und akustische, schnell und angepasst reagieren zu können. Dank ihr sind wir in der Lage, unser instabiles Gleichgewicht durch Verteidigung oder Anpassung zu erhalten.

Koordinative Kompetenz: Rhythmisieren

Das Wort Rhythmus hat seinen Ursprung im Griechischen und bedeutet eigentlich «das Flies- sende, das immer Wiederkehrende». Im Karate ermöglicht die Rhythmisierungsfähigkeit, einen Bewegungsablauf rhythmisch und rhythmisierend zu gestalten. Es handelt sich um die Fähigkeit, den eigenen und den «fremden» Rhythmus in Beziehung zueinander zu bringen. Gleichzeitig ist es auch die Gestaltungsfähigkeit, die auf allen anderen koordinativen Fähigkeiten aufbaut. Die Vervollkommnung im Karate ist ein rhythmisches Gestalten der technischen Präsentationsformen (virtuoses Gleichgewicht).